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Handwerkliches Gewerbe anmelden - was muss man beachten?

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17. Dez. 2018
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Olá und Boa noite,

Nachdem ich schon hin und wieder als Gast reingeschaut habe und viele interessante Geschichten gelesen habe, bin ich jetzt auch neu im Forum angemeldet und möchte uns kurz vorstellen.

Mein Lebensgefährte und ich spielen – mal etwas vorsichtig ausgedrückt- mit dem Gedanken, nach Portugal auszuwandern.

Dass Portugal im Sommer schön ist, wissen wir. Nun kommen wir Ende dieser Woche an die Algarve nach Luz, um mal einen Eindruck zu bekommen, wie es im Winter bei euch ist.

Wir sind Windsurfer und ich möchte einfach irgendwann nochmal am Meer leben. Außerdem geht uns die Großstadt (Berlin) zunehmend nicht nur auf die Nerven, sondern auch auf die Atemwege.

Ich war früher schon einige Male in Portugal, das ist aber wirklich lange, ca. 30 Jahre her, und das Land und die Menschen haben mich begeistert. Damals war Sagres noch ein fast blinder Fleck auf der Landkarte und in Lagos-City hatten gerade ein paar Punks die Vitaminas-Bar eröffnet. Um zu den Traumstränden von Praia Dona Ana zu gelangen gab es keine Treppenstufen, sondern man musste noch unter Einsatz des Lebens die Klippen hinunterklettern. Sicherlich hat sich seitdem richtig viel verändert!

Wir arbeiten in Deutschland beide selbstständig. Ich habe seit 18 Jahren ein Kosmetikstudio und mache Schulungen, biete also Fortbildungen an für andere Kosmetikerinnen.
Mein Freund ist eher ein sogenannter Tausendsassa, gelernter Zimmermannmeister und Maurer, ist schon mal für 10 Jahre nach USA ausgewandert, hat dann Mediengestalter gelernt, betreibt heute einen E-Zigarettenladen und baut 3-D-Drucker.

Wir haben eine eigene Werkstatt u.a. mit einer CNC-Fräse, wo wir alles anfertigen können, was es nicht mehr oder noch nicht zu kaufen gibt. Wir reparieren Surfboards, Carbongabeln etc. und da wir ein altes Wohnmobil besitzen, welches einen kapitalen Heck-Totalschaden hatte, ist mittlerweile auch Wohnmobilreparatur zu unserem Hobby geworden. Der Sohn lernt Fahrradmechaniker und träumt davon, irgendwann ein Fahrradgeschäft für E-Bikes zu eröffnen.

Unser Ziel ist es, die handwerkliche Produktion auszubauen und mit unserer Werkstatt, der CNC-Fräse und den 3-D-Druckern Kleinserien und Sonderanfertigungen herzustellen und hauptsächlich über Onlinehandel zu verkaufen. Wenn das gut läuft, möchten wir damit umziehen. Unsere Umsiedlung ist also nicht gleich morgen geplant, aber wir wollen uns schon mal orientieren.

Hat jemand eine Idee, was es für Vorschriften in Bezug auf das Betreiben von Handwerken und die Einrichtung von Werkstätten zu beachten gibt? In Deutschland hat man ja alles Mögliche am Hals mit Handwerkskammer, Berufsgenossenschaft etc.. Muss man sich in Portugal als Handwerker anmelden oder spezielle Genehmigungen einholen? Oder gibt es auch ähnlich strenge Regeln für handwerkliche Tätigkeiten, sowas wie eine Handwerksrolle in D? Müssen in Portugal Werkstätten bestimmten Standards entsprechen? Kann man das in Wohngebieten z.B. in einer Garage machen oder ist das abhängig von der Art der Tätigkeiten oder entstehenden Lärmbelästigung? An welche Behörde muss man sich wenden, um solche Erlaubnisse zu bekommen? Die gleiche Frage gilt für die Tätigkeit als Kosmetikerin.

Wenn jemand uns da mit Infos weiterhelfen kann, wäre ich sehr dankbar.

Ich bin sehr gespannt und freue ich mich schon auf die nächsten Tage und Weihnachten in Portugal.
Wenn nicht gerade Winterpause wäre, würden wir sicherlich auch mal an der letzten Bratwurstbude vor Amerika vorbeikommen.

Viele Grüße,:)

Steph
 
Erst einmal herzlich willkommen im Forum.

Zu meinen beruflichen Einschätzungen:

Kosmetikerinnen gibt es sehr viele hier. In Lagos ist auch eine gut besuchte, von Engländern geleitete Kosmetikschule. Daher wird es wohl schwierig, geeignetes Kundenklientel zu finden. Kosmetikstudios und Nagelstudios sind schon überall wie Pilze aus dem Boden geschossen.

Anders sehe ich es mit den 3D-Drucker und der CNC-Fräse. Da gibt es sicher ein gutes Betätigungsfeld. Gebraucht wird hier alles, besonders, wenn keine Originalteile mehr zu bekommen sind. Nur ob dann auch rechtzeitig bezahlt wird, steht auf einem anderen Blatt. In Armacao de Pera ist Camping-Technik-Algarve. Ich würde dort einfach mal vorsprechen. Der Ingo kennt sich da sicher besser aus.

Zu den rechtlichen Dingen bezüglich Gewerbeanmeldung usw. würde ich einen Rechtsanwalt bzw. Steuerberater konsultieren. Herr Hünermund hat hier schon vielen neuen Einwanderern helfen können. Grundsätzlich gilt. Eine Genehmigung wird von der zuständigen Câmara erteilt (oder auch nicht). Handwerksrolle, Meisterbrief usw. gibt es nicht. Wer eine Lizenz hat, darf das Gewerbe ausüben. In Wohngebieten wird es bei Lärmbelästigung ähnlich gehandhabt wie in Deutschland, auch Bau- und Feuer polizeiliche Vorschriften müssen eingehalten werden. Das ist immer individuell abzuklären und da hilft ein guter Steuerberater oder Rechtsanwalt weiter.

Generell ist es schwierig, ohne Sprachkenntnisse mit Einheimischen Geschäfte zu machen. Das ist genau so wie wenn in Deutschland jemand ohne Deutschkenntnisse eine Firma aufmachen möchte.
 
Vielen Dank für die schnelle Antwort und die Tipps.
Das mit den Sprachkenntnissen ist sowieso klar. Ich habe schon angefabgen mit einem Portugiesischkurs. Ich würde nie in einem Land leben wollen, wo ich die Sprache nicht verstehe.
Mein Lebensgefährte hat übrigens die Erfahrung gemacht, dass er mit Bayerisch reden (er kommt ursprünglich aus Bavaria) und Händen und Füßen überall in der Welt zurecht kommt, aber selbst er hat sich schon für einen Kurs angemeldet.

Mit der Bezahlung habe ich schon gehört, dass das häufig ein Problem ist und man ewig seinem Geld hinterherrennen kann.
Mein Freund hat schon öfter in Spanien und Italien gearbeitet und selbst in den USA in der Regel auf Vorkasse. Wenn er hauptsächlich online verkauft, minimiert sich dieses Problem ja schon zu einem gewissen Teil, da hat man dann stattdessen wieder andere Schwierigkeiten.

Aber ohne Plan, Energie und Kreativität funktioniert es, glaube ich, nirgndwo. Bzgl. Kosmetik: auch in Berlin fallen einem die Kosmetikkunden nicht in den Schoß. Hier gibt es in meiner Umgebung im Umkreis von 1 Kilometer ca. 10 Kosmetikstudios, fast alle billiger und jedes Jahr machen neue auf und genauso viele schließen wieder. Auch hier muss man gut sein und etwas Spezielles anbieten.
Und ich habe nicht die Idee, dass ich irgendwo anders ins Paradies einziehen werde.

Aber genau deshalb informieren wir uns ja vorher und sind dankbar für deine Einschätzungen.
LG
 
Tipps, Ratschläge und Unterstützung sind erheblich einfacher und gehaltvoller, wenn ihr euch auf eine konkrete Gegend bzw. Ort festgelegt habt.
Ob Algarve für euer Vorhaben so günstig ist, kann ich nicht beurteilen. Möglicherweise wäre aber ein Ballungsraum wie Lissabon und umzu besser.
Als schwierig sehe ich es, wenn ein Geschäft von Beginn an den Lebensunterhalt erbringen muss. Da geht vielen die Luft aus. Ein angespartes Notkapital ist anzuraten, damit auch längere Zeiträume ohne Einkünfte überbrückt werden können.
Für meinen Geschmack sollte man nicht nur auf ( ausländische) Onlinekunden setzen. Wenn man es schafft, sich mit lokalen Kunden vor Ort zu halten und unabhängig von Saisonzeiten ist, ist man besser aufgestellt.
Aber, sowas wisst ihr sicher selber.
Helfen könnte auch die CCILA. www.ccila-portugal.com
 
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