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Gar nicht schrecklich - von Düsseldorf nach Porto (Meine Zeit in Portugal) 1973

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21. Sep. 2009
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Anfang 1973 stand ich vor dem Abschluß eines 1-jährigen Fortbildungskurses .
Ich hatte nach der Lehre und 3 Jahren Berufspraxis festgestellt, dass fast mein gesamtes Lehrjahr plötzlich auf BWL sattelte und die simple Hochrechnung sagte mir, dass ich bei der Masse an Betriebswirten doch besser eine Nische suche.

Die fand ich in einem Kurs „Technisch-Kaufmännnischer Assistent“, der sich zu je einem Drittel aus Technik (techn.Zeichnen, Konstruktionen, Mathe,Physik), Organisation (techn. und kfm. sowie Refa-Schein) sowie Datenverarbeitung zusammensetzte.
War knüppelhart, volle 12 Monate von 8-18 h sowie Hausarbeiten abends.
Die EDV war im Übergang von Lochkarte zum Computer, wir lernten noch Cobol und Assembler als Programmiersprachen.

Ich fing also an, Stellenanzeigen zu studieren – ja damals konnte man sich noch jede Menge Jobs aussuchen – und fand im Januar eine Anzeige eines port. Handelshauses, die einen Leiter für die Importabt. suchten. Ich hatte eigentlich vor, in Spanien oder Portugal so 2-3 Jahre Sprache und Mentalität kennenzulernen und danach mein Glück in Südamerika zu suchen.
Ich schickte meine Bewerbung und erhielt nach 3 Wochen ein Telegramm mit der Bitte um Rückruf.
Mein zukünftiger Chef wollte sozusagen am Telefon mit mir einen Vertrag machen, aber da ich ja noch nie im Ausland war, bat ich um einen Kurzbesuch zum Kennenlernen und Einschätzen.
So saß ich dann irgendwann Mitte Februar im Flieger (TAP 727) nach Lissabon, wo mich strahlender Sonnenschein und Temperaturen von fast 20 Grad erwarteten.
Schon vor der Reise hatte ich in Düsseldorf einige alte Kollegen aus der Multikulti-Auslandsabteilung meiner vorletzten Firma um Rat gefragt und zu meiner Überraschung erfahren, dass ein ehemaliger Lehrling als Delegierter nach Porto gehen sollte, wo ich ja auch anfangen wollte.

Der Flieger landete am Spätnachmittag und ca. 1 Stunde später sollte der Weiterflug nach Porto stattfinden.
Da wusste ich allerdings noch nicht, dass die TAP gerne und regelmässig den Abendflug nach Porto cancelte.
Als ich nach dieser überraschenden Nachricht am Checkin stand, sprachen mich 3 Portugiesen an, mit denen ich schon beim Hinflug auf Französisch geplaudert hatte.
Ob ich denn nicht noch am Abend nach Porto wollte, sie hätten vor, einen Mietwagen zu nehmen und man könne sich ja die Kosten teilen.
Na klar, das war doch die Lösung.
Kurz darauf saßen wir alle 4 in einem Ford, der Kofferraum hatte mit Mühe unsere Koffer geschluckt, der Karren hing tief in den Achsen und der Fahrer bog in die Autobahn ein.
Kurz nach der Portagem war ich eingenickt, die Schilder zeigten ja an die 300 km nach Porto an und ich rechnete nach dt. Maßstäben mit ca. 2 ½ bis 3 h Fahrt.

Plötzlich wurde ich wach, der Wagen schaukelte durch die Kurven einer Landstraße und ich fragte, wo denn die Autobahn sei. Schallendes Gelächter meiner Reisegefährten und die Erklärung, dass es bis kurz vor Porto keine Autobahn mehr gäbe. Wegen dieser Episode habe ich mich später über den Sketch von Raúl Solnado „ O Senhor Fritz“ immer kaputtgelacht.

Ich bekam dann eine Einführung in portug. Fahrweise auf Landstraßen – Überholen in unübersichtlichen Kurven und vor Kuppen, man hatte ja Lichthupe und ständig Bleifuß, wobei der Fahrer fluchte, weil der klapprige Ford eben nicht mehr hergab und sein fortwährendes Gemurmel, dass er mit seinem Porsche schon längst angekommen wäre.

In Pombal wurde dann die – wie ich später schnell lernte – obligatorische Essenspause an der Shelltanke eingelegt. Ich habe auch in den späteren Jahren immer wieder bewundert, mit welcher Schnelligkeit die empregados ein komplettes Menu auf den Tisch zauberten.

Irgendwann gegen Mitternacht kamen wir in Espinho an, wo meine Reisegefährten zu Hause waren. Sie luden mich im Hotel Praiagolfe ab und ich wurde vom Rauschen des Atlantik in den Schlaf gewiegt.

(wird fortgesetzt)
 
moinmoin portapaixonado -
toll, dass du uns so ein schönes osterei ins portugalliernest gelegt hast. :)
vielen dank für deine story - und ich bin sicher:
alle warten gespannt auf die fortsetzung! :yes:
 
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