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Henrietta Bilawer Osterbräuche in Portugal

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15. Okt. 2017
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In Portugal wurde der Osterhase als Eier- und Geschenkelieferant nach und nach aus den Bräuchen der Zugereisten bekannt. Die einheimischen Traditionen sind anders. Wie im gesamten romanischen Sprachgebiet steckt im portugiesischen Wort für Ostern, ‘Páscoa’, die Verbindung zum jüdischen Passahfest. Und in einigen Gegenden des Landes dienen österliche Feiern und Prozessionen gleichzeitig anderem Gedenken: Rund um die alte Stadt Batalha danken Menschen noch heute symbolisch und traditionell für das Ende einer Insektenplage, die in längst vergangener Zeit die Kornspeicher des örtlichen Dominikanerklosters befallen und Hunger und Krankheit gebracht hatte. Und in den Dörfern um Covilhã in der ‘Serra de Estrela’ defilieren nachts Gestalten, von Kopf bis Fuß in weiße Tücher gehüllt: Schaurig-schön erinnern sie an mittelalterliche Bußgänger in den Zeiten von Pest und Lepra.

Zum „Zentrum aller Feste gehören in der Algarve Farbe, Freude und der Duft von Lavendel, Rosmarin und Feldblumen“, heißt es in einer Osterchronik aus São Bartolomeu de Messines. Dort und in vielen traditionstreuen Orten der Region gibt es besondere Riten: In São Brás de Alportel kennt man die Prozession der Blühenden Fackeln am Ostersonntag. Die Männer tragen sie durch die Straßen, Fenster werden mit Paradevorhängen in weißer und roter Seide geschmückt (bis Ende April gibt es dazu eine sehenswerte Foto-Ausstellung in der städt. Galerie des Ortes; http://www.cm-sbras.pt/…/inauguracao-da-exposicao-tochas---…).
In Loulé beginnt am Ostersonntag die Prozession zu Ehren der ‘Mãe Soberana’, der Schutzheiligen der Stadt. Ihre Statue wird in der ältesten noch durchgeführten Prozession Portugals (1553 erstmals urkundlich erwähnt) aus ihrer Stammkirche in den Ort getragen; in zwei Wochen findet dann der feierlich Rückzug statt.
In Portimão und den Gemeinden Alvor und Mexilhoeira gibt es gleich zwei Umzüge mit viel Weiß und Gold: Spät am Karfreitagabend zieht die ‘Procissão do Enterro do Senhor’ durch die Straßen, am Sonntag folgt die ‘Procissão da Ressurreição de Jesus’.
Auch bei den österlichen Speisen unterscheiden sich portugiesische Sitten von den in Deutschland bekannten: Hier serviert man den ‘folar'. Ein historisches Rezept erklärt, der Osterkuchen „wird geknetet wie Brot, dazu kommen Schmalz, Milch, Zucker und geriebene Zitronenschale, Branntwein und viele aromatische Kräuter“. Vor dem Backen wird in die Mitte ein rohes Ei gelegt und kreuzweise mit Teigstreifen überdeckt.
Das Ei gehört zur Kulturgeschichte und unterschiedliche Deutungen wurden auf das Osterfest übertragen. Als Symbol des Lebens und der Fruchtbarkeit war es schon vor dem 4.Jahrhundert Beigabe in römischen Gräbern. Sinnbildlich ist das Ei ein verschlossenes Grab, in dem Leben verborgen ist. Damit wird die Beziehung zur Auferstehung deutlich und die Verbindung zwischen Ei und Ostern erklärbar.
Im Mittelalter galt das Ei als „flüssiges Fleisch“, es gehört mithin nicht auf den Speiseplan für die Fastenzeit. Ethnologen vermuten eben hier den Ursprung der gekochten Eier als Ostersymbol – das frische Produkt wurde länger haltbar gemacht. Zum Färben kamen Pflanzenteile ins Kochwasser, damit später die gekochten Eier von den rohen unterscheidbar waren. Seit dem 13.Jahrhundert wurde zum Färben Rot bevorzugt, als Farbe des Blutes, des Lebens, des Sieges und der Lebensfreude. Das Tierprodukt war auch eine Naturalie, mit der man Schulden bezahlen konnte: Der Lehnsherr erhielt Eier als Sachleistung für gepachtetes Land. Aus alten Kirchenregistern geht hervor, dass das Ei sogar als Berechnungseinheit für Zinsen galt.
Und diese Eier bringt bis heute der Osterhase. Die Figur ist seit 1678 überliefert; der Brauch kommt aus dem Elsass, aus der Pfalz und vom Oberrhein. Das Frühlingserwachen von Tieren und Pflanzen in dieser Jahreszeit steht in direkter Verbindung mit den Hasen auf der Lichtung und die Verbindung zwischen Fest und Tier liegt an dessen Verhalten: Meister Lampe kommt im Frühjahr zur Futtersuche in die Nähe von Siedlungen, so wurde ihm seine Funktion als saisonaler Schatz-Transporteur angedichtet – aber auch damals schon eher als „eine Fabel, die man Simpeln und Kindern aufbindet“, schrieb 1882 der Arzt und Naturforscher Georg Franck von Franckenau. Einer seiner Schüler widmete dem österlichen Brauch sogar seine Doktorarbeit mit dem Titel ‘De ovis paschalibus’.
Aufgeklärte Zeitgenossen warten eher auf zweibeinige Hasen, die Überraschungen verstecken, süß, zuckrig und schokoladig oder auch schon mal sehr wertvoll – immerhin beschenkten sich ab 1885 Russlands Zaren sowie reiche Adelige und Bürger, die dem gekrönten Beispiel folgen konnten, mit goldenen, edelsteinbesetzten Eiern aus dem Hause des Hofgoldschmieds Fabergé. Die Oktoberrevolution beendete derartige luxuriöse Traditionen. Fabergé-Eier gibt’s nur noch in Museen und Privatsammlungen, Schoko-Eier aber in jedem Supermarkt. In diesem Sinne: FROHE OSTERN!

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Quelle: Facebook Henriette Bilawer
 
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