Wolfgang
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- 8. Sep. 2009
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Als ich noch in Nürnberg war, wollte ich mal ein Büchlein schreiben über die Hunde in Nürnberg.
Hintergrund war, weil mein alter Riesenschnauzer Anja (eigentlich Sabra vom Föhrenwald) an einem Sonntag plötzlich Probleme mit der Atmung bekam und ich nicht wusste, wo ich schnell einen Hundenotdienst erreichen konnte (heute ist das alles wesentlich besser organisiert).
Bei dieser Recherche über Hunde in Not durfte natürlich das Nürnberger Tierheim nicht fehlen:
Hier meine damaligen Erlebnisse. Ich hoffe, es gefällt euch:
Ein Tierheim ist eine gesellschaftlich notwendige Einrichtung, die aus der Verantwortung für das einzelne Tier eine gemeinnützige und humanitäre Aufgabe im öffentlichen Interesse wahrnimmt:
Die wesentliche Funktion besteht darin, in Not geratenen Tieren aller Art sofort und unbürokratisch eine Bleibe und Versorgung zu bieten. Die Rückgabe von Fundtieren an den Besitzer sowie die Vermittlung von herrenlosen, Hunden, Katzen und Kleintieren an Tierfreunde
Teil 1:
Der Besuch im Tierheim vom 12.2.1995 bis 15.2. 1995
„Baruch"... Ja, das ist sie, die sonore Stimme, die Du schon so oft im Radio hörtest: „Ich bin ein Hund - und ich ein Kätzchen - und Danny sucht für uns ein Plätzchen". Du hast den Leiter, des Nürnberg Tierheimes persönlich am Telefon.
Spontan ging es mir der Gedanke durch den Kopf, wie oft Du dieser Stimme schon gelauscht hattest, wenn sie, sachlich und ruhig, von den Tragödien und traurigen Tierschicksalen berichtete, daß Dir manchmal das Blut in den Bauchraum versackte und Du am liebsten gleich losgefahren wärst, um diesem armen Geschöpf ein Zuhause zu geben - und an die Rachegedanken gegenüber denjenigen „Menschen", die aus purer Dummheit und Blödheit zu solchen Taten fähig sind.
Ich muß deshalb ganz schön gestottert haben und es wird wohl auch so gewesen sein, daß der Herr Baruch anfangs nicht so recht wußte, was ich eigentlich von ihm wollte. Trotzdem hat er mich freundlich eingeladen, im Tierheim vorbeizukommen, was ich natürlich sehr gerne tat.
„Wenn Sie über unser Tierheim berichten wollen, so sollten Sie sich selbst ein Bild machen und Ihre eigenen Eindrücke gewinnen. Sofern Sie wollen, können Sie unseren Pflegern ein paar Tage gerne mithelfen, die Hunde zu versorgen. So erhalten Sie den besten Einblick in unsere Arbeit und es ergibt sich sicher die Zeit für ausführliche Gespräche.
Sie sollten aber, am besten mittwochs, donnerstags und freitags kommen. An einem einzigen Tag wäre unser normale Arbeitsablauf nicht zu erfassen.
Klar, daß ich am nächsten Mittwoch früh im „Raubtierfängerlook" in der Stadenstraße angetreten war - in ausgewaschenen Jeans und einem altem Wollpullover.
Nach einer kurzen Vorstellung beim Pflegepersonal stand ich plötzlich dumm in der Tierküche herum und gleich jedem im Weg. Die Freßnäpfe aus Edelstahl wurden abgespült, denn die Hunde erhalten pünktlich um 8 Uhr Ihr „Fressi". Es ist eine Hundenahrung aus der Dose. Aber keine billige Sorte, nein - diejenige, die lt. Werbeaussage jetzt besonders schonend zubereitet wird. Sie wissen schon - die, die auch führende Hundezüchter empfehlen (vielleicht, weil sie Geld dafür kriegen). In einem großen Alu-Topf wird der „Zaubertrank" täglich frisch zubereitet. Die Doseninhalte werden entweder mit Reis oder mit Hundeflocken angereichert und anschließend mit Wasser eingerührt.
Die Schonkost für kranke oder alte Tiere besteht aus frischen Hühnchen, reinem Rinderhack (alles natürlich vorher ausgiebig gekocht) und Reis oder Kartoffelbrei. Die Jüngsten erhalten 3 Mal täglich eine spezielle Welpennahrung, auch aus der schonenden Hundefutterfabrik.
Also nix mit Essensresten, Abfällen und so, ein wirklich dummes Geschwätz und Gerücht.
Kurz vor 9 Uhr werden, die von den Heimbewohnern gründlich ausgeleckten Schüsseln, eingesammelt und anschließend abgewaschen. Jetzt wissen Sie auch, wann ich im Tierheim eintraf.
Das geschäftige Treiben in der Küche hatte selbstverständlich seinen Grund. Täglich um 9.30 Uhr trifft sich die gesamte Belegschaft im Aufenthaltsraum, um den Tagesablauf und die Erlebnisse bzw. Ergebnisse des Vortages zu besprechen. So ist der notwendige Erfahrungsaustausch gegeben - und jeder weiß über jeden Hund im Detail Bescheid. Das ist auch die beste Zeit dafür, denn Susi, Strolchi und Co. brauchen nach dem guten Fressen ihre Verdauungsruhe. So machen die Pflegerinnen und Pfleger ein ausgiebiges Arbeitsfrühstück und das Mittagessen entfällt dafür. Wenn Sie also einmal im Tierheim anrufen sollten, dann bitte nicht zwischen 9.30 Uhr und 10.30 Uhr, da ist große Lagebesprechung und Sie würden stören (Notfälle natürlich ausgenommen).
Der Umgang ist offen und kameradschaftlich. Keine misstrauischen Blicke in meine Richtung - aber neugierig waren sie schon, wer da plötzlich unter ihnen weilte. „Da geht's ja richtig locker zu" - dachte ich. „Essen austeilen, abwaschen und gleich eine Stunde frühstücken, na - in den 3 Tagen geht's mir gut!" Doch dann wurde auch ich - nach der 4. Tasse Kaffee - zur Arbeit eingeteilt.
Mittwochs ist immer der „große Kehraus" im Tierheim, da an diesem Tag kein Publikumsverkehr stattfindet. Die mir geliehenen, etwas zu großen Gummistiefel mit der Aufschrift "Dr. M" sollten sich an diesem Tag noch als sehr nützlich erweisen. Also schwappte ich - froh gelaunt wie der gestiefelte Kater - dem „Zivi" (Zivildienstleistenden) hinterher, der mir wortlos vor dem ersten Boxentrakt eine Schaufel und einen Eimer in die Hand drückte...
Aus war es mit der Gemütlichkeit!
Habe ich doch auch bei meiner Anja mal einen unbeabsichtigt abgedrückten „Kaktus" fachgerecht entsorgen müssen. Aber eine Plantage mit 50 verschieden, blühenden „Kakteen-Arten" duftet da schon etwas intensiver.... und zwar jede einzelne für sich... So lernte ich gleich eine der unangenehmen, aber notwendigen Seiten der Tierpflege kennen.
Damit Sie sich das vorstellen können:
So ein Boxentrakt besteht aus 20 Einzelboxen, in denen jeweils ein oder zwei Hunde (wenn sie sich gut vertragen) untergebracht sind. Die Zellen sind seitlich, durch eine halbhohe Mauer und mit Maschengitter darüber, voneinander getrennt. Jeder Hund hat einen warmen Innenraum (mit Fußbodenheizung, ca. 2 x 4 Meter) und ein, durch ein Schiebetürchen in der Außenmauer erreichbares Freigehege (ebenfalls 2 x 4 Meter), das für seine dringenden Geschäftsangelegenheiten zur Verfügung steht.
Meine ehrenvolle Aufgabe bestand zunächst darin, mit den anderen Pflegern zusammen, diese Freigehege zu säubern; also mit besagter Schaufel, zuerst und - möglichst vollständig - die braunen Hinterbliebenen in den Eimer zu befördern. So ungefähr wie der Puck-Einsammler beim Eishockeyclub vor dem Spiel.
Da es eisig kalt war an dem Tag, kam ich mir auch vor wie der Hans Jürgen Bäumler, aber ohne Marika Kilius. Bereits nach kurzer Zeit beherrschte ich die Tragehaltung des Eimers aus dem „FF", indem ich ihn in einem exakten 75 ° Winkel, seitlich, aber weit weg von der Nase, mitführte. Die verstohlen grinsenden Gesichter der Pfleger verrieten mir schon vorab, daß ich wahrscheinlich Abstriche in der A-Note (technische Interpretation), aber dafür eine bessere B-Note erhalten würde, wegen meinem künstlerischen Ausdruck. Nach ca. 8,5 kg waren alle Pucks im Körbchen und mein linker Arm lahm. So ist es, wenn man nicht täglich trainiert....
Hintergrund war, weil mein alter Riesenschnauzer Anja (eigentlich Sabra vom Föhrenwald) an einem Sonntag plötzlich Probleme mit der Atmung bekam und ich nicht wusste, wo ich schnell einen Hundenotdienst erreichen konnte (heute ist das alles wesentlich besser organisiert).
Bei dieser Recherche über Hunde in Not durfte natürlich das Nürnberger Tierheim nicht fehlen:
Hier meine damaligen Erlebnisse. Ich hoffe, es gefällt euch:
Ein Tierheim ist eine gesellschaftlich notwendige Einrichtung, die aus der Verantwortung für das einzelne Tier eine gemeinnützige und humanitäre Aufgabe im öffentlichen Interesse wahrnimmt:
Die wesentliche Funktion besteht darin, in Not geratenen Tieren aller Art sofort und unbürokratisch eine Bleibe und Versorgung zu bieten. Die Rückgabe von Fundtieren an den Besitzer sowie die Vermittlung von herrenlosen, Hunden, Katzen und Kleintieren an Tierfreunde
Teil 1:
Der Besuch im Tierheim vom 12.2.1995 bis 15.2. 1995
„Baruch"... Ja, das ist sie, die sonore Stimme, die Du schon so oft im Radio hörtest: „Ich bin ein Hund - und ich ein Kätzchen - und Danny sucht für uns ein Plätzchen". Du hast den Leiter, des Nürnberg Tierheimes persönlich am Telefon.
Spontan ging es mir der Gedanke durch den Kopf, wie oft Du dieser Stimme schon gelauscht hattest, wenn sie, sachlich und ruhig, von den Tragödien und traurigen Tierschicksalen berichtete, daß Dir manchmal das Blut in den Bauchraum versackte und Du am liebsten gleich losgefahren wärst, um diesem armen Geschöpf ein Zuhause zu geben - und an die Rachegedanken gegenüber denjenigen „Menschen", die aus purer Dummheit und Blödheit zu solchen Taten fähig sind.
Ich muß deshalb ganz schön gestottert haben und es wird wohl auch so gewesen sein, daß der Herr Baruch anfangs nicht so recht wußte, was ich eigentlich von ihm wollte. Trotzdem hat er mich freundlich eingeladen, im Tierheim vorbeizukommen, was ich natürlich sehr gerne tat.
„Wenn Sie über unser Tierheim berichten wollen, so sollten Sie sich selbst ein Bild machen und Ihre eigenen Eindrücke gewinnen. Sofern Sie wollen, können Sie unseren Pflegern ein paar Tage gerne mithelfen, die Hunde zu versorgen. So erhalten Sie den besten Einblick in unsere Arbeit und es ergibt sich sicher die Zeit für ausführliche Gespräche.
Sie sollten aber, am besten mittwochs, donnerstags und freitags kommen. An einem einzigen Tag wäre unser normale Arbeitsablauf nicht zu erfassen.
Klar, daß ich am nächsten Mittwoch früh im „Raubtierfängerlook" in der Stadenstraße angetreten war - in ausgewaschenen Jeans und einem altem Wollpullover.
Nach einer kurzen Vorstellung beim Pflegepersonal stand ich plötzlich dumm in der Tierküche herum und gleich jedem im Weg. Die Freßnäpfe aus Edelstahl wurden abgespült, denn die Hunde erhalten pünktlich um 8 Uhr Ihr „Fressi". Es ist eine Hundenahrung aus der Dose. Aber keine billige Sorte, nein - diejenige, die lt. Werbeaussage jetzt besonders schonend zubereitet wird. Sie wissen schon - die, die auch führende Hundezüchter empfehlen (vielleicht, weil sie Geld dafür kriegen). In einem großen Alu-Topf wird der „Zaubertrank" täglich frisch zubereitet. Die Doseninhalte werden entweder mit Reis oder mit Hundeflocken angereichert und anschließend mit Wasser eingerührt.
Die Schonkost für kranke oder alte Tiere besteht aus frischen Hühnchen, reinem Rinderhack (alles natürlich vorher ausgiebig gekocht) und Reis oder Kartoffelbrei. Die Jüngsten erhalten 3 Mal täglich eine spezielle Welpennahrung, auch aus der schonenden Hundefutterfabrik.
Also nix mit Essensresten, Abfällen und so, ein wirklich dummes Geschwätz und Gerücht.
Kurz vor 9 Uhr werden, die von den Heimbewohnern gründlich ausgeleckten Schüsseln, eingesammelt und anschließend abgewaschen. Jetzt wissen Sie auch, wann ich im Tierheim eintraf.
Das geschäftige Treiben in der Küche hatte selbstverständlich seinen Grund. Täglich um 9.30 Uhr trifft sich die gesamte Belegschaft im Aufenthaltsraum, um den Tagesablauf und die Erlebnisse bzw. Ergebnisse des Vortages zu besprechen. So ist der notwendige Erfahrungsaustausch gegeben - und jeder weiß über jeden Hund im Detail Bescheid. Das ist auch die beste Zeit dafür, denn Susi, Strolchi und Co. brauchen nach dem guten Fressen ihre Verdauungsruhe. So machen die Pflegerinnen und Pfleger ein ausgiebiges Arbeitsfrühstück und das Mittagessen entfällt dafür. Wenn Sie also einmal im Tierheim anrufen sollten, dann bitte nicht zwischen 9.30 Uhr und 10.30 Uhr, da ist große Lagebesprechung und Sie würden stören (Notfälle natürlich ausgenommen).
Der Umgang ist offen und kameradschaftlich. Keine misstrauischen Blicke in meine Richtung - aber neugierig waren sie schon, wer da plötzlich unter ihnen weilte. „Da geht's ja richtig locker zu" - dachte ich. „Essen austeilen, abwaschen und gleich eine Stunde frühstücken, na - in den 3 Tagen geht's mir gut!" Doch dann wurde auch ich - nach der 4. Tasse Kaffee - zur Arbeit eingeteilt.
Mittwochs ist immer der „große Kehraus" im Tierheim, da an diesem Tag kein Publikumsverkehr stattfindet. Die mir geliehenen, etwas zu großen Gummistiefel mit der Aufschrift "Dr. M" sollten sich an diesem Tag noch als sehr nützlich erweisen. Also schwappte ich - froh gelaunt wie der gestiefelte Kater - dem „Zivi" (Zivildienstleistenden) hinterher, der mir wortlos vor dem ersten Boxentrakt eine Schaufel und einen Eimer in die Hand drückte...
Aus war es mit der Gemütlichkeit!
Habe ich doch auch bei meiner Anja mal einen unbeabsichtigt abgedrückten „Kaktus" fachgerecht entsorgen müssen. Aber eine Plantage mit 50 verschieden, blühenden „Kakteen-Arten" duftet da schon etwas intensiver.... und zwar jede einzelne für sich... So lernte ich gleich eine der unangenehmen, aber notwendigen Seiten der Tierpflege kennen.
Damit Sie sich das vorstellen können:
So ein Boxentrakt besteht aus 20 Einzelboxen, in denen jeweils ein oder zwei Hunde (wenn sie sich gut vertragen) untergebracht sind. Die Zellen sind seitlich, durch eine halbhohe Mauer und mit Maschengitter darüber, voneinander getrennt. Jeder Hund hat einen warmen Innenraum (mit Fußbodenheizung, ca. 2 x 4 Meter) und ein, durch ein Schiebetürchen in der Außenmauer erreichbares Freigehege (ebenfalls 2 x 4 Meter), das für seine dringenden Geschäftsangelegenheiten zur Verfügung steht.
Meine ehrenvolle Aufgabe bestand zunächst darin, mit den anderen Pflegern zusammen, diese Freigehege zu säubern; also mit besagter Schaufel, zuerst und - möglichst vollständig - die braunen Hinterbliebenen in den Eimer zu befördern. So ungefähr wie der Puck-Einsammler beim Eishockeyclub vor dem Spiel.
Da es eisig kalt war an dem Tag, kam ich mir auch vor wie der Hans Jürgen Bäumler, aber ohne Marika Kilius. Bereits nach kurzer Zeit beherrschte ich die Tragehaltung des Eimers aus dem „FF", indem ich ihn in einem exakten 75 ° Winkel, seitlich, aber weit weg von der Nase, mitführte. Die verstohlen grinsenden Gesichter der Pfleger verrieten mir schon vorab, daß ich wahrscheinlich Abstriche in der A-Note (technische Interpretation), aber dafür eine bessere B-Note erhalten würde, wegen meinem künstlerischen Ausdruck. Nach ca. 8,5 kg waren alle Pucks im Körbchen und mein linker Arm lahm. So ist es, wenn man nicht täglich trainiert....