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Der Brand der Rua da Madalena in Lissabon

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20. Nov. 2009
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Brände haben seit jeher die Geschichte der Städte mitgeschrieben, sei es durch die immer wieder vernichtenden Feuersbrünste die oftmals immense materielle Schäden verursachten oder durch die manchmal zahlreichen Menschenopfer die die Brände forderten.
Die Stadt Lissabon ist da keine Ausnahme!


Oftmals in der Stadtgeschichte Lissabons mussten ihre Einwohner hilflos mit ansehen wie Teile der Hauptstadt Opfer wütender Flammen wurden und zusehen wie wichtige Gebäude ihrer Stadt durchs Feuer bis auf ihre Grundmauern zerstört wurden, so z.B. im Jahre 1996 als das Rathaus (port.: Câmara Municipal) brannte – davor hatte ein Feuer bereits 1863 das Gebäude völlig zerstört – oder im August 1988 als der halbe Stadtteil Chiado ein Opfer der Flammen wurde.
Im August 1959 versank die Barockkirche São Domingos (port.: Igreja de São Domingos) am Rossio in Schutt und Asche und wenige Jahre darauf, im Dezember 1964, brannte ein Flamenmeer das Nationaltheater D. Maria II (port.: Teatro Nacional D. Maria II), ebenfalls am Rossio liegend, nieder.
Als am 01. November 1755 nach einem verheerenden Erdbeben die Stadt völlig zerstört wurde, brannte sie tagelang lichterloh und auch 1363, als das Lissabonner Judenviertel (port.: Jadiaria) durch Brandstiftung ein Raub der Flammen wurde, brannte dieser Teil der Stadt mehrere Tage.


Ein Großbrand, der den Bürgern Lissabons bis heute im Gedächtnis geblieben ist, auch wenn er schon vor über Hundert Jahre gewütet hat, ist ein Brand der unter dem Namen „Incêndio da Rua da Madalena“ (dt.: Brand der Rua da Madalena) bekannt ist und der sich damals in der Straße gleichen Namens, in der Lissabonner Unterstadt Baixa, ereignet hat.
In den Morgenstunden des 10. April 1907, also auf den Tag genau vor 108 Jahren, breitete sich in einem vierstöckigen Wohn- und Lagerhaus in der Rua da Madalena / Ecke Escadinhas de Santa Justa ein Brand aus, bei dem 14 Menschen starben.
Zehn der Opfer kamen in den Flammen um, die vier anderen wiederum starben, weil sie sich in den oberen Stockwerken befanden und sie auf die Straße sprangen. Ihnen war durch die lodernden Flammen der Fluchtweg auf die Straße versperrt gewesen.
37 Personen konnten sich aber, zum Teil schwer verletzt, retten.


Für den Brand wurden damals zwei spanische Bürger – Leandro Gonzalez und Antonio Fernandez – verantwortlich gemacht, zwei Männer die im Untergeschoß des Gebäudes ein kleines Stofflager betrieben.
Nach dem Brand kam heraus, dass die zwei Spanier nur drei Monate vor dem Brand eine hohe Versicherung für ihr Lager im Erdgeschoß des Gebäudes und die darin befindliche Ware abgeschlossen hatten. Außerdem fand man später in einem anderen Lager der beiden Spanier mehrere Kanister des Brandbeschleunigers Ethanol.
Nachdem Gonzalez und Fernandez der Brandstiftung überführt waren und sie die Tat gestanden, wurden die zwei festgenommen und zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt.
Antonio Fernandez starb nach drei Jahren Zuchthaus im Jahre 1910.
Leandro Gonzalez reichte nach acht Jahren Haft – in der Zwischenzeit war aus dem monarchistischen Portugal eine Republik geworden – einen Gnadengesuch bei dem ersten verfassungsmäßig gewählten Staatspräsidenten Manuel de Arriaga ein.
Arriaga, der von Haus aus Jurist und als ehemaliger Generalstaatsanwalt für seine Kompromisslosigkeit in Rechtsdingen bekannt war, gab dem Gnadengesuch nicht statt und ließ den Häftling daraufhin wissen:
„Politische Systeme mögen kommen und gehen, das Rechtsbewusstsein eines Menschen aber sollte unumstößlich sein.
Ich kann einem Mörder keine Gnade vor Recht gewähren!...“.


Erst zehn Jahren später, 1917, gab der neue Präsident Bernardino Machado, auf Druck Spaniens, endlich dem Gnadengesuch von Leandro Gonzales statt, verwaiste ihn aber, sobald er das Zuchthaus verlassen hatte, des Landes.

Heute steht an der Stelle, an der vor über Hundert Jahren eine der größten Brandkatastrophen des modernen Lissabon stattgefunden hat, ein Wohn- und Geschäftshaus das nach Originalplänen des ursprünglichen Gebäudes errichtet wurde.


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