Unser Mitglied
@Stefienchen ist z. B. Dipl. Sozialpädagogin und es wäre vielleicht eine gute Option, sie mit einer Unterhaltung direkt anzusprechen. Sie lebt meines Wissen seit einigen Jahren hier und kann evtl. helfen und nichtöffentlich (gerne auch öffentlich) zu den Berufsaussichten aus dem Nähkästchen plaudern.
Zu dem allseits aktuellen "ich will Auswandern - Fragen und Tipps" möchte ich ein persönliches Statement abgeben, als normaler User, nicht als Betreiber dieses Forums, also meine rein persönliche Meinung:
Es hilft Ihnen leider nicht, wenn Ihnen nach dem Mund geredet wird. Das macht zwar spontan sympathisch, da eine Wellenlänge. Eigentlich ist das sogar unfair. Auch wenig Konstruktives erfahren Sie, wenn ohne ausreichend vorhandene praktische Erfahrung die persönliche Meinung kundgetan wird. Das ist sicher schön und auch der Sinn eines Forums, Meinungen auszutauschen, nur wenn dann der direkte Bezug zu Portugal und dem System fehlt oder einseitig und lückenhaft ist, dann sind das zwangsläufig (ungewollte) Fehleinschätzungen, die Ihre Kernfragen u. U. in ein ungewollt falsches, weil zu positives Bild rücken. Eine Frage der Gewichtung. Es ist KEIN persönliches "Niedermachen" des Fragenden, sondern ein Ausloten konkreter Details zu den vorhandenen Gegebenheiten; ob diese dann in die vorhandenen eigenen Vorstellungen passen oder nicht, sollte sachlich keinen Unterschied machen (wenn man nicht alles sofort persönlich nimmt, was ich von einer diplomierten Sozialpädagogin eigentlich vorausgesetzt habe).
Ich gebe Ihnen hier lediglich meine Erfahrungswerte weiter, die mich nach jahrzehntelangem Aufenthalt an der Front in Portugal geprägt haben. Als ständiges Mitglied im Gemeinderat des Landkreises komme ich zudem an viele "Interna", also Hintergrundinformationen, die dem "normalen" Residenten oder Urlauber verborgen bleiben. Ob man meine Ratschläge jetzt nutzen will oder nicht, ist im persönlichen Ermessen. Ich weiß nur, dass es ungleich schwieriger ist, in Portugal Fuß zu fassen und deshalb scheitert das meistens, oft auch unverschuldet. Der Hauptgrund ist zu großer Optimismus und eine "falsche" Vorbereitung bzw. Meinung über das Land und das Leben. Gute "Kopf Hoch wird schon klappen" Ratschläge sind gut gemeint, spiegeln aber nur die gebildete Meinung der eigenen, persönlich erlebten Situation wieder und sind deshalb oftmals nicht zu transponieren. Da will ich mich auch nicht ausschließen.
Ich möchte das von mir Behauptete aber gerne erläutern:
Ein guter Bekannter von mir war bei einer großen deutschen Firma als Geschäftsführer für Portugal angestellt. Er hat hier 15 Jahre lang bis zur Pensionierung super gut verdient, mit Dienstwohnung, Dienstwagen (BMW) und und und. Klar, dass der sich hier leicht getan hat und heute immer noch Vieles viel positiver sieht. Er hat ja nie um die eigene Existenz kämpfen müssen und bei den Portugiesen war er als "Wohlhabender" und Chef von 40 Mitarbeitern natürlich in deren beruflichen und privaten Umfeld integriert, wurde deshalb leider auch oft finanziell ausgenutzt (unbemerkt). So richtig integriert war er aber nie - er hat es nur nicht gemerkt. Die von ihm wahrgenommene freundliche und hilfsbereite portugiesische Mentalität wäre rasch umgeschlagen, wenn ihm das Geld ausgegangen wäre. Eine der Hauptpfeiler des Lebens in Portugal ist die Großfamilie. Fehlt diese, ist man auf sich allein gestellt und geht unter, es sei denn, man kann das mit Geld kompensieren und sich "Dienstleistungen" erkaufen. Fehlt das Geld, dann gibt es auch keine Hilfe, da nicht zur eigenen Familie gehörend, weil dann muss man. So einfach ist das hier.
Heute lebt er mit schöner Betriebsrente wieder in Deutschland und schwärmt und trauert seiner tollen Zeit in Portugal nach, kommt so oft wie möglich auf Urlaub und redet nur in der Vergangenheit. Würde ich sicher auch, wenn ich Jahrelang das 10- 50 fache eines normalen Angestellten verdient hätte in einem Land, was bettelarm war. Besonders zu Zeiten des Escudo. Das ist aber kein Maßstab für den "Normalfall" und seine Meinung würde Ihnen mit Sicherheit nicht viel weiter helfen, weil er immer im "gemachten Nest" war.
Zur deutschen Sozialpädagogik in der Algarve:
Vorausschicken möchte ich, dass dieser Beruf ehrenwert ist und ich möchte ihn durch die folgende Schilderung nicht in Misskredit bringen. Leider wurde er an der Algarve durch viele Negativbeispiele doch bei der Allgemeinheit sehr stark in den Schmutz gezogen. In den Jahren von ca. 2000 bis ca. 2010 wurden einige Projekte ins Leben gerufen, geleitet und betreut von Sozialpädagogen mit Problemjugendlichen aus Deutschland. Danach wurden schwer erziehbare Jugendliche in deutschsprachige "Gastfamilien" gebracht - mitten in die Pampa, begleitet und betreut von Sozialpädagogen (wöchentlich mal ein Besuch - oder auch monatlich einer).
Ich habe einige dieser "Gasteltern" persönlich kennengelernt. Was ich gesehen habe waren Leute, die sich auf Kosten des deutschen Staates einen schlauen Lenz gemacht haben und weder berufliche noch menschliche Qualifikation hatten, schwer erziehbare Jugendliche zu leiten bzw. denen eine Vorbildfunktion zu geben. Noch nie in ihrem Leben selber gearbeitet oder in Deutschland sang- und klanglos gescheitert, weil entsprechende Qualifikationen oder Fleiß gefehlt hat. Also überwiegend waren das verkrachte Existenzen, die einen oder noch besser 2 oder 3 dieser Jugendlichen aufgenommen und dafür richtig kräftig Geld kassiert haben (2000 - 2500 € je Kind). Der betreuende Sozialpädagoge hat auch noch richtig abgegriffen. Hat doch der deutsche Staat für einen Jugendlichen monatlich um die 6000 € - 7000 € bezahlt. Es sind - wegen des großen Missbrauches - die meisten Projekte auch nicht mehr weiter finanziert worden und es war leider schon so spät genug, bis die deutschen Jugendämter endlich reagierten.
Ich weiß nicht, ob und wie viele dieser Einrichtungen noch existieren, wenn, dann werden diese jetzt mit Sicherheit besser überwacht als damals in der Blüte dieser "Erlebnispädagogie". Man hört jetzt seit gut 5 Jahren nichts mehr Negatives. Drogenhandel, Diebstähle, Jugendprostitution und Brandstiftung / grober Vandalismus waren damals leider an der Tagesordnung und laut GNR auf diesen Kreis der Jugendlichen nachweisbar. Auch in Gesprächen mit den Jugendlichen selbst war mir schnell klar; die lernten, was sie in Deutschland dem Betreuer im Jugendamt antworten mussten und hatten ansonsten eher eine Belohnung für ihren bisherigen Lebensweg mit Sonne und Strand und das auch so empfunden.
Ich möchte nicht eine ganze Berufsgruppe wegen ein paar schwarzer Schafe in Misskredit bringen, aber wer das damals erlebt hat, der konnte nur ungläubig mit dem Kopf schütteln. Um das etwas zu relativieren: Nicht alle Gastfamilien waren ungeeignet. Auch war es in Ausnahmefällen sogar umgekehrt, dass sich die Jugendlichen sehr wohl gefühlt haben und entsprechende Fortschritte an den Tag legten. Sie wurden dann letztlich dafür bestraft, weil sie durch diese Fortschritte früher nach Deutschland zurück mussten, obwohl sie hier auch aufgrund ihrer Leistungen locker Arbeit gefunden hätten. Vielleicht gibt es noch ein paar Projekte hier, die seriös arbeiten. Das kann bei den deutschen Jugendämtern geklärt werden.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls, dass Sie die richtigen Schlüsse ziehen