Hallo Lischboa und Wolfgang,
ich bin noch nicht lange im Forum und lese meistens die Beiträge über das Leben in und das Auswandern nach Portugal.
Die Antworten auf unbekümmerte (das muss man wohl sein) aber ziemlich naive Vorstellungen finde ich angemessen und sachkundig.
Manchmal kommt es mir so vor, als wenn Auswanderungswillige meinen, in Portugal sei es noch so, wie damals auf Kreta, wo die Urlauber meinten, auf das Leben dort überhaupt nicht achten zu müssen und ihr Hippyleben führen zu können, wobei ich das gar nicht schlimm finde, wenn sie das in ihrer eigenen Kultur versuchen zu tun und andere Lebensgewohnheiten respektierten.
Seit dem 25.April 1974 dem Tag des Liedes - Grandola vila morena - hat sich Portugal (und mit EU-Beitritt erst recht) mindestens so schnell wandeln müssen, und es hat sich verändert, wie die neuen Bundesländer bei uns.
Als ich zu dieser Zeit über Salazar bzw. über Caetano geschimpft habe, hat mein Schwiegervater sich ängstlich umgesehen und leise gesagt, dass ich auf die PIDE aufpassen muss, was in Deutschland aber unnötig war.
Warum die Vorrede? Seit Fritz René Allemanns „8 mal Portugal“ oder Rudi Maslowskis „Der Skandal Portugal“ ist kaum ernstzunehmende politische Literatur erschienen und die Autoren der Reiseführer haben nur voneinander abgeschrieben, Cascais ist immer noch ein Fischerort, Sintra immer noch Rückzugsort von Adligen und in Coimbra laufen die Studenten immer in ihren schwarzen Umhängen rum. Erst in letzter Zeit hat sich das verbessert und es gibt gute Internetseiten, die ich Interessierten ans Herz lege, sich anzusehen.
Deswegen meinen manche vielleicht immer noch, im Wohnmobil irgendwo zu parken und sich einen Waschsalon zu suchen, sei eine Möglichkeit und den Müll könne man ja stehen lassen, da die Portugiesen ja nicht die besten Entsorger seien. Ich habe das an ein paar Stränden um Ericeira im letzten Herbst und Winter beobachtet und fand es gut, dass die GNR das aufgelöst hat.
Jurten und Holzbauten im Algarve oder Alentejo sind eine blendende Idee, vielleicht noch mit einer Milchkuh und ein paar porcos ibericos. 10000 Liter Wasser und die Hochdruckpumpe mit der passenden Stromversorgung dabei aber nicht vergessen.
Portugal ist in jeder Beziehung ein europäisches modernes Land geworden – Trotzdem sind die 50 Regeln – immer noch unbedingt zu beachten (das mit dem Ohrläppchen kenne ich von meinem Schwiegervater und ältere Portugiesen freuen sich sehr, wenn man das zur passenden Gelegenheit macht, als Ausländer sowieso).
Noch einmal: Portugal hat sehr viel Arbeit hinter sich, auch wenn es Hilfe von der EU hatte, wenn ich daran denke, dass wir 1980 10 Stunden von Vilar Formoso bis nach Fátima brauchten und im Jahr darauf 10mal mehr Escudos für eine Mark bekamen.
Zum Schluss, wenn es erlaubt ist, ein wenig politisches Statement: Dass Portugal VOLL ist mit chinesischen Magazinen und viel aufgekauft wurde, ist unmittelbare Folge der Troika (siehe Griechenland) einem deutschen Finanzminister und einer deutschen Kanzlerin. António Costa hat bisher viel richtig gemacht—Übrigens sind die Sozialisten dort, was Sozialdemokraten und diese eher Christdemokraten bei uns.
Das war es für’s Erste, man verzeihe mir die Ausschweifungen