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Henrietta Bilawer Änderungen im Mietrecht geplant

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15. Okt. 2017
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In einem Land, in dem Immobilieneigentum überdurchschnittlich repräsentiert ist (ca 75% bewohnen ein eigenes Haus oder Wohnung; (laut Eurostat: D = ca. 53%; EU = ca. 71%), rückt das Thema Miete zunehmend in den Mittelpunkt. Das liegt an Änderungen der vergangenen Jahre zur Wohnnutzung. Kaum noch ein Haus- oder Wohnungs-Eigentümer schließt Mietverträge mit mehr als einem Jahr Laufzeit, erklärt der Lissabonner Mieterbund (Associação de Inquilinos Lisboneses; AIL). Auch die früher übliche Klausel zur Verlängerung nach Vertragsende fehlt immer häufiger. Im Jahr 2017 wurden landesweit 84.383 Mietverträge registriert. AIL schätzt, dass mehr als die Hälfte davon aus 12 Monate begrenzt sind. Es gebe landesweit gut eine halbe Million Mieter in unsicherer Wohnsituation, so AIL-Präsident Romão Lavadinho. Denn die Mieten steigen in geradezu schwindelerregendem Tempo in teils astronomisch anmutende Höhen (in Lissabon um 36% seit 2011). Die Tendenz war zunächst vor allem in der Hauptstadt und in Porto spürbar, mittlerweile hat die Entwicklung auch viele andere Städte und ihr jeweiliges Einzugsgebiet erreicht.
Die Journalistin Fernanda Câncio berichtete Anfang des Monats in der Zeitung ‘Diário de Notícias’ von einem Mehrfamilienhaus im historischen Zentrum von Lissabon, dessen Eigentümer verstarb. Nachdem die Erben das Gebäude verkauft hatten, erhielten die Mieter Kündigungs-Schreiben mit einer vierwöchigen Frist zum Verlassen ihrer Wohnungen, obwohl einige von ihnen über Mietverträge bis 2020 verfügen. Die Verträge sind gültig, doch der neue Eigentümer untermauerte seine Forderung, indem er im Treppenhaus den Strom abstellte und der Hausreinigungsfirma mitteilte, sie werde nicht mehr benötigt. Solche Wohnungen ebenso wie Immobilien in den touristisch relevanten Regionen Portugals werden renoviert, eingerichtet und im Rahmen des ‘alojamento local’ als Feriendomizil vermietet.
In der Algarve sind rund 7.000 Vermieter von Privatherbergen offiziell gemeldet. Hier wie im ganzen Land zeigen Online-Reiseportale wie Booking.com, Wimdu.pt oder Homeaway.pt Wirkung. AirBnB, weltweit Nummer Eins im Anzeigenvolumen, listet in Portugal rund 20.000 Objekte vom Gästezimmer bis zur luxussanierten Windmühle. Dank der Popularität der Privatquartiere stieg auch die Zahl der Inlandsreisen deutlich an und Hotels zählen weniger Gäste aus dem eigenen Land. Der Urlaub für Touristen wird billiger. Die auf Dauerunterkünfte angewiesenen Mieter geraten ins Hintertreffen.
Dem Ganzen liegt eine Mietrechts-Änderung aus dem Jahr 2012 zugrunde, durch die die Mietpreisbildung freigegeben wurde. Nun versuchen die heute an der Regierung beteiligten Parteien, das Projekt der Vorgängerregierung zu ändern und zu mildern. Dazu liegen viele Vorschläge auf dem Lissabonner Kabinettstisch: Rentner, die seit mehr als 25 Jahren in einer Wohnung wohnen, sollen unkündbar sein, das alte Gesetz komplett gekippt werden, der soziale Wohnungsbau gestärkt oder statt einer Begrenzung der Mietdauer nach oben solle es eine Mindestmietzeit geben sowie steuerliche Erleichterungen für Mieter und Vermieter und Anreize zur Renovierung alter Häuser, wenn in ihnen Mietwohnraum zu günstigen Preisen entsteht. Der Mieterbund verlangt fiskale Vorteile für Eigentümer, die Mietverträge verlängern.
Der Haus- und Grundbesitzer-Verein (Associação Nacional de Proprietários; ANP), der auch 25.000 Eigentümer vertritt, wehrt sich gegen Verallgemeinerungen. „Nicht alle Hausbesitzer sind gleich“, so der APN-Vorsitzende António Frias Marques. Seine Mitglieder seien an „Stabilität für beide Seiten“ interessiert. Er wisse aber, dass es auch Spekulanten gebe, die nur eine Laufzeit von sechs bis zwölf Monaten vereinbaren möchten, in der Hoffnung beim Nachmieter gleich eine Mieterhöhung durchzusetzen und von den rasant steigenden Mieten zu profitieren. APN empfiehlt Eigentümern Verträge über fünf Jahre.
Mieter klagen über „Scheinverlängerungen“. So wurden Fälle bekannt, in denen dem Mieter eine Weiterführung des Vertrags angeboten wurde, allerdings mit einer Verdoppelung oder gar fast Verdreifachung des alten Mietzinses. Eine Mieterin aus Lissabon erhielt ein Schreiben ihres Vermieters: Sie könne den Vertrag verlängern, müsse dann aber für ihre Zweizimmer-Wohnung 900 Euro zahlen statt der bisherigen 350 Euro.

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Rendas - Rendas precárias. Maioria dos contratos já são de apenas um ano
Em Lisboa, as rendas subiram mais de 36% em relação a 2011, o ano da troika
dn.pt
 
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