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Als Digitalnomade nach Portugal ziehen

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23. Feb. 2018
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Hallo,

ich bin "digitaler Nomade", d.h. ich bin selbständig und erledige meine Arbeit vom Computer (Programmierung).
Ich kann von überall aus arbeiten (Internet-Zugang vorausgesetzt) und tue das auch, bin also quasi Dauerreisender. Kunden in Deutschland habe ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr, meine Kunden sind überall auf der Welt verteilt, außer in Deutschland und Portugal (praktischerweise).
Abgesehen von meinen Eltern, die in Deutschland wohnen, verbindet mich nichts mehr mit Deutschland.

Nun ist es leider so, dass die Gesetzgebung/Regulierung der Zeit etwas hinterher hinkt. Menschen wie ich gibt es auf dem Papier quasi nicht und diese Regulierungslücke macht mir etwas Angst.
Insbesondere geht es mir um Dinge wie die Krankenversicherung usw. - ich befürchte, wenn ich plötzlich eine teure Krankheit bekäme, würde die Versicherung nicht zahlen ohne festen Wohnsitz etc. etc.

Vor dem Hintergrund, dass Portugal wohl zumindest für 10 Jahre Auslandseinkünfte von Einwanderern nicht besteuert ("non-habitual residency", NHR), überlege ich, ob ich nicht eine günstige Wohnung/WG-Zimmer in Portugal mieten soll. Dann wäre ich wieder im "klassischen" Bereich mit festem Wohnsitz usw., ohne dass die zusätzlichen Kosten exorbitant hoch sein würden.

Da das aber natürlich alles nur Halbwissen vom Hörensagen ist, habe ich ein paar Fragen:

  1. Steuern:
    Wie sind die "Auslandseinkünfte" bei dieser NHR-Geschichte definiert? Geht es nur um passives Einkommen oder auch um aktives? Sprich: Ist es nur steuerfrei, wenn ich Gewinn ausschütte aus einer ausländischen Firma, oder auch, wenn ich z.B. in meiner Wohnung in Portugal eine Webseite programmiere für einen Kunden in Frankreich? Oder umgekehrt? Muss meine Firma in Portugal registriert sein oder kann ich auch eine im Ausland registrierte Firma aus Portugal führen (z.B. Großbritannien)?

  2. Krankenversicherung:
    Ich würde gern unbedingt in der deutschen PKV bleiben (habe einen günstigen Tarif). Diesen internationalen Versicherungen, BUPA, CIGNA etc. (gern mit Sitz auf den Seychellen etc.!) traue ich nicht über den Weg. Klar, solange man gesund ist, sind die bestimmt super. Aber dafür habe ich keine Krankenversicherung, das zahle ich eh einfach selbst. Die PKV ist für mich nur für den Notfall, dass man plötzlich eine wahnsinnig teure Krankheit bekommt. Und dann ist es einfach wichtig, dass die Versicherung ohne Wenn und Aber zahlt, vor allem weil man sich ja vielleicht selbst gar nicht mehr kümmern kann.
    Von Seiten meiner PKV aus kann ich die problemlos ins EWR-Ausland mitnehmen (ist wohl sogar gesetzlich vorgeschrieben?). Aber wie sieht es von portugiesischer Seite aus? Ich nehme an, es gibteine portugiesische Pflicht-Krankenversicherung? Was kostet die grob? Oder kann man die umgehen, wenn man die deutsche PKV hat? Gibt es eine zeitliche Beschränkung, wie lange man in der deutschen PKV bleiben kann?

  3. Renten-/Sozialversicherung:
    Wie sieht es mit Renten-/Sozialversicherung u.ä. aus? Ich sorge als Selbständiger selbst vor, möchte also gern so wenig wie möglich zusätzlich zahlen. Will auch gar keinen Anspruch erwerben o.ä. - einfach nur in Ruhe gelassen werden, keine Bürokratie, möglichst wenig zahlen.
    Gibt es in Portugal irgendeine Pflichtversicherung, in die man einzahlen muss? Wie viel ist das in etwa?

Mir ist klar, dass ein Forum keine Rechtsberatung ersetzt, aber eine ganz grobe Antwort würde mir schon weiterhelfen, ob ich diese Richtung überhaupt weiter verfolgen soll.
Wenn diese Fragen den Rahmen des Forums sprengen, zahle ich auch gern für eine Beratung vom Profi, wenn mir jemand jemanden wirklich empfehlen kann.
Leider gibt es ja nur viele selbsterklärte Profis in dem Bereich, die einem das Blaue vom Himmel versprechen, nur um einen dann an irgendeinen völlig überflüssigen Anwalt verweisen zu können (Provision...), der dann mit einem die Formulare ausfüllt, die man auch selbst hätte ausfüllen können.

Vielen Dank!
 
Ganz kurze Antwort:
Steuerbefreiung auf residencia non habitual gibt es nur für Pensionäre oder Rentner mit Betriebsrente. Lebt man länger als 183 Tage in Portugal, ist man dort auch steuerpflichtig.

Bei den Eltern anmelden und dann eine Auslands-Krankenversicherung beim ADAC. Das kostet im Jahr so um die 500 €. Dann ist man in ganz Europa privat-versichert und wird im Notfall mit dem Jet nach Deutschland geflogen. Steuern zahlt man in Deutschland. Kommt dann halt darauf an, ob die Kunden Rechnungen benötigen. Ganz ohne Steuern kommt man auch in Portugal nicht vorbei.

In Portugal anmelden bedeutet auch, dass sogar der Selbständige pflichtversichert ist. Kostet im Monat um die 180€. Die gesundheitliche gesetzliche Versorgung ist im Regelfall schlechter als die privat ärztliche. Private Vorsorge ist immer besser als gesetzliche, egal wo in Europa.

Nach Portugal um Steuern zu sparen ist sicher der suboptimale Weg
 
Danke für die schnelle Antwort.

Nein, das mit der Steuerbefreiung ist definitiv nicht nur für Rentner so. Es ist wohl beschränkt auf Auslandseinkommen bestimmter Berufsgruppen, wenn der Quellenstaat gemäß Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht hat. D.h., das Geld muss im Ausland besteuert werden können, i.d.R. ist das aber eben nicht der Fall, weil der Quellenstaat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet, wenn die Leistung aus dem Ausland erbracht wurde.

Foreign-sourced passive income (interest, dividends, certain royalties, other income from capital, capital gains and income from immovable property) derived by NHR is exempt (without progression except in the case of capital gains on real estate) in Portugal, provided that it is potentially liable to taxation in the source State (i) under the rules of an existing Double Tax Treaty (DTT) or (ii) in the absence thereof, under the rules of the OECD Model Tax Convention if such income is not deemed to arise from a State, region or territory included in the Portuguese tax havens’ blacklist nor from a Portuguese source under the IRS Code territoriality rules.
Quelle: http://www.nonhabitualtaxresident.com/faq/

Foreign-source self-employment or sole trader income derived from an eligible occupation (see below), royalties, capital gains and investment or rental income will be exempt from Portuguese tax as long as they may be taxed in the source country either under a double taxation agreement or under the [DLMURL="https://www.belionpartners.com/uploads/1/8/0/4/18049849/2014-model-tax-convention-articles.pdf"]OECD model tax con[/DLMURL]vention. In addition, such income must not be deemed Portugal-sourced under applicable Portuguese law, and must not be sourced from a Dieser Link ist leider nicht mehr erreichbar.
Quelle: Dieser Link ist leider nicht mehr erreichbar

Es gibt daher eine ganze Industrie von Steuerberatungsfirmen, die sich auf Steueroptimierung/-vermeidung via NHR spezialisiert hat (seriöse und weniger seriöse).
Mir geht es aber weniger um Steuerersparnis, als darum, meinen Lebensstil möglichst kostengünstig in ein "klassisches" Modell zu überführen, um Probleme zu vermeiden.
Viele andere in meiner Situation sind einfach nirgendwo gemeldet, reisen eben einfach immer nur herum und haben dann eine Firma auf den Seychellen, von der sie ihre Rechnung schreiben. Das mag ja schön und gut sein, solange man 25 und gesund ist, aber ich habe eben Angst, dass irgendwann mal irgendwas ist und dann z.B. meine PKV sagt: "Nee, den Herzinfarkt haben Sie doch bekommen, als Sie gar nicht in Deutschland gelebt haben! Das sehen wir jetzt als Vorerkrankung, da zahlen wir gar nix!"

"Bei den Eltern anmelden" verstößt gegen das Meldegesetz und zieht einen Rattenschwanz an negativen Konsequenzen mit sich. Die Kunden benötigen Rechnungen (Firmenkunden) und es wäre ja auch unsinnig, gerade in Deutschland Steuern zu zahlen, nur weil ich dort zufällig geboren bin (keine Wohnung dort, keine Kunden, bin nur 1-3x im Jahr dort, um meine Eltern zu besuchen). Wenn ich mich also schon irgendwo anmelde, dann gleich mit wirklich dort angemieteter Wohnung, und dann bitte irgendwo, wo es möglichst günstig ist. Und nicht in einem Hochsteuerland wie Deutschland, und dann auch noch mit Lügen (Verstoß gegen das Meldegesetz).

Was ist in den 180€ drin? Ist das nur Krankenversicherung oder auch Rentenversicherung etc.? Hatte anderswo gelesen, dass die Sozialversicherungsbeiträge nicht wie in Deutschland gedeckelt sind. Wer ein paar Millionen verdient (bei mir leider nicht der Fall, auch wenn es schön wäre) müsste also auch erheblich mehr als 180€ zahlen (was ja nur fair wäre).
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
In diesem Fall rate ich, in Portugal einen Steuerberater aufzusuchen. Da kommt es immer auf genaue Details an und es ist meistens nicht sinnvoll, diese in einem öffentlichen Forum preiszugeben.
 
deshalb auch der Tipp mit Steuerberater, weil man Steuern, Kranken- und Rentenversicherung im Gesamtpaket betrachten muss. Einzelne Rosinen herauspicken geht leider nicht. Der Steuerberater kennt die optimalen Kombinationen bzw. zeigt individuelle Vor- und Nachteile auf auf.
 
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